Ich bin ein Hutträger und Weltverbesserer

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Beides klingt komisch, aber ich stehe dazu.
 
Kürzlich beim Arzt und wurde Zeuge unseres „Einklassengesundheitssystems“. Da stand ich in der Warteschlange vor den Damen in Weiß, die hinter einer Glasscheibe wie im Schaufenster bei Karstadt. Das Telefon klingelte.
 
„Nein, wir machen keinen Unterschied zwischen Privat- und Kassenpatienten.“ (Pause.) „Ach, warten Sie. Ich hätte da doch morgen Vormittag noch einen Termin für Sie frei.“
 
Schmunzeln im Gesicht. Ich bin Liebhaber von Situationskomik.
 
Die Fakten sprechen eine klare Sprache. Der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung hat die magische Grenze von 1.000 Euro überschritten. Der Staat buttert jährlich 28 Milliarden Euro in ein kränkelndes System, während die privaten Krankenversicherer 300 Milliarden Euro an Rückstellungen aufgetürmt haben.
 
Ich bin kein politischer Mensch und habe auch nicht, wie mein Kollege, Philosophie studiert. „Braucht sowieso niemand“, habe ich ihm gesagt, und seit drei Tage spricht er nicht mehr mit mir. Er fängt sich schon wieder. Ich halte nichts von Gleichmacherei, schließlich habe ich in der Oberstufe George Orwells „Farm der Tiere“ lesen müssen. Die Quintessenz: Das funktioniert ja doch nicht. Trotzdem habe ich nur neun Punkte in der Klausur bekommen.
 
Aber was ich verstehe, ist, dass Leistung Leben rettet. Dass meine Kunden einen Termin beim Lungenfacharzt bekommen, wenn sie unter Long-Covid leiden. Und dass einer unserer Kunde nach seinem Schlaganfall in der Reha wieder fitgemacht wurde, wo ein Tag mühelos den Wert eines kleinen Gebrauchtwagens verschlungen hat. Heute ist er wieder zu Hause und fängt von vorne an. Gott sei Dank! Bei den Kollegen der Gesetzlichen undenkbar.
 
Meine Traumwelt hat nichts mit Gleichheit zu tun, sondern mit Kostenübernahme.
Für meine Nachbarn bin ich ein Hutträger und für meine Kunden deren Weltverbesserer.