Meine Tochter ist Segelbieger.
Weder meine Frau noch ich wissen, was uns das sagen will.
„Du meinst Segelflieger?“
Kopfschütteln.
Als sie den Wäscheständer emporkraxelte, bekamen wir eine böse Ahnung vom Kopfkino eines Segelbiegers.
Mein Sohn ist da nicht viel anders. Zwar zwei Jahre älter als seine Schwester, doch ewig jung geblieben. Er ist so der Künstlertyp genau wie mein Onkel, der mich anruft, weil er eine Rechnung für seine Hausratversicherung kriegt, um mich zu fragen, was er damit tun soll. Augen zukneifen, bevor ich mir ein freundliches „Bezahlen, bitte!“ abringe. Mein Sohn sieht die Welt auch mit anderen Augen. Das ist gut, sagt meine Frau. Das ist gefährlich, sage ich. Und er sagt, wer holt mich vom Dach des Klettergerüstes runter? Er kann es zwar nicht ausdrücken, aber ich weiß genau, was in ihm vor sich geht. Von ganz oben sieht man alles anderes: kleiner, spannender, schöner. Recht hat er, aber das hilft nix, wenn mir das Herz in die Hose rutscht.
Die beiden Kinders sind sich selbst die größte Gefahr. Als ich noch klein war, hatten alle Angst vor Mitschnackern – tolles Wort für üble Menschen. Aber die größte Gefahr lauert nicht dort draußen, sondern beim Kamin, und Herr Gott nochmal, meine Tochter macht die Kamintür immer dann auf, wenn es prächtig Funken prasselt.
Unser Daheim ist auch immer Katastrophenort Nummer eins. Deswegen versichere ich meine Kinder gegen Unfälle. Denn Sie haben noch so viel Leben vor sich.
Und nein, ich weiß noch immer nicht, was ein Segelbieger ist.