165 Jahre Versicherungsmakler Pinckernelle

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Johann Ernst Pinckernelle
Johann Ernst Pinckernelle

Damals war ich als Junge bereits zu groß, um auf dem Schoß zu sitzen, aber mein Vater balancierte mich dennoch auf seinen Knien, während er durch das schwarzdicke Buch vor uns auf dem Tisch blätterte. Es hat Sepia-Seiten wie unsere uralten Familienfotos, worin Großvater Ernst so sonderlich lächelte, als wollte er die Mona Lisa imitieren.  Die schwarze Tinte glitt unnatürlich sauber über die Seiten, als hätte hier jemand für ein Filmproduktion gemalt. Tatsächlich aber war es das Tageswerk eines Buchhalters gewesen.

„Neunzehnhundertfünfundzwanzig“, sagte mein Vater und deutete auf den oberen Seitenrand. Dies war der Jahresabschluss der Firma Pinckernelle zu Beginn der Hyperinflation.

Inflation
Auszug aus den Büchern zu Zeiten der Hyperinflation

Ich erinnere mich genau daran, welchen Klang die großgrauen Seiten beim Umblättern machten und wie der Duft von Dekaden über dem Esstisch aufstieg. Vor mir lag Geschichte zum Anfassen. Unsere Firmensaga wurde weitergereicht von Generation zu Generation, durch Höhen und Tiefen. Mit jeder neuen Seite wuchsen die Zahlen ins Unermessliche, jenseits von Milliarden und Trilliarden. Die Vermögen von Elon Musk und Jeff Besos würden daneben bettelgroß wirken. Auf dem Höhepunkt der Inflation streckten sich die Nullen über den Rand hinaus auf die nächste Seite. Mein Vater blätterte weiter. Der Krieg kam nach Europa und die Zahlen schrumpfte zu Verlusten.

„Wir sind immer noch da“, sagte er, und sein Schnurrbart kitzelte mein Ohr.

Heute werden wir 165 Jahre alt, und wir sind immer noch da für Sie. Das gibt mir Mut für schwere Zeiten.

Viele Grüße aus Ihrem Maklerkontor

Ihr Johann Jacob Pinckernelle